Was bedeutet das neue gTLDs System von ICANN für Unternehmen?

Frank Schulz, MarkMonitor

Die neuen generischen Top Level Domains (gTLDs) ermöglichen es Unternehmen, eigene Endungen für ihre Domainnamen einzusetzen. Das bedeutet, dass Marken anstatt eines traditionellen .com, .net oder .info ihren eigenen Namen als gTLD verwenden können.

Für Unternehmen bieten die neuen Top Level Domains zahlreiche Vorteile in den Bereichen Marketing und Sicherheit. Sie können „Marken-Inseln“ im Internet und damit ein positives Kundenerlebnis schaffen, wodurch auch eine engere Markenbindung entsteht. Außerdem können bestimmte Zielgruppen direkter angesprochen werden (z.B.: loesungen.markmonitor oder kunden.markmonitor).
Da der Inhaber einer TLD die Bestimmungen für die Registrierung einer Domain festlegt, kann er jeglichen Inhalt kontrollieren und unerwünschte Aktivitäten verhindern. Allerdings nur innerhalb seiner eigenen TLD. Fälscher und andere Betrüger können ihrem Geschäft weiterhin in anderen Domains nachgehen. Aber Kunden können sicher sein, unter einer Marken-TLD nur autorisierte Verkäufer vorzufinden.

Doch bei aller Euphorie sollten die Risiken, die sich durch die neuen Endungen ergeben, nicht außer Acht gelassen werden.
Der Übergang von den bisherigen TLDs zu den Marken TLDs muss mit ausführlichen Marketing- und Informationskampagnen begleitet werden. Dennoch wird es zumindest für einen gewissen Zeitraum zu einer Verwirrung bei den Kunden kommen. Daher sollten Unternehmen mit einem gewissen Verlust im Traffic aber auch im Umsatz rechnen.
Verwirrung ist auch immer eine gute Grundlage für Betrüger und damit für Markenmissbrauch. Betrügerische Aktivitäten werden auch weiterhin vor allem auf den bisherigen TLDs stattfinden und gerade während der Übergangszeit vermehrt auftreten.
Zu bedenken ist auch, dass bei weniger strengen Registrierungsregeln und fehlendem Monitoring auch auf TLDs von Unternehmen Markenmissbrauch auftreten wird. Unternehmen müssen daher zum einen die Registrierungsmöglichkeiten genau regeln und zum anderen das Monitoring des Internets noch ausweiten und auch die eigene TLD ständig überwachen.
Bewerber für eine eigene TLD müssen nachweisen, dass sie alle Anforderungen – sowohl die finanziellen als auch die technischen – erfüllen können. Um diesen gerecht zu werden, ist spezielles Personal nötig und die Bewerbung sowie das Betreiben einer unternehmenseigenen TLD sind mit hohen Kosten verbunden (Bewerbung 185.000 US Dollar, jährlicher Betrag an ICANN: 25.000 US Dollar, plus die Kosten für das Betreiben der TLD). Es sollte alles detailliert geplant und durchgerechnet werden, denn der Vertrag mit ICANN gilt für zehn Jahre. Auch wenn es in erster Linie eine Marketing-Entscheidung ist, sollten genau aus diesem Grund auch die Rechts-, IT-, Finanz- und die Sicherheitsabteilung bei der Strategieentwicklung miteinbezogen werden.
Unternehmen sollten sich gründlich überlegen, ob sie sich für eine eigene Top Level Domain bewerben möchten, und alle Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen. Dabei sollten sie sich aber nicht zuviel Zeit lassen, denn wird eine TLD anderweitig vergeben, ist sie für mindestens zehn Jahre nicht mehr verfügbar.

Wer sich nun dafür entscheidet, sich nicht zu bewerben, sollte beobachten, ob sich jemand für eine Domain-Endung bewirbt, die die eigene Marke enthält. 90 Tage nach dem Bewerbungsstart (der voraussichtlich im 4. Quartal dieses Jahres sein wird) werden alle Bewerbungen auf der ICANN-Website veröffentlicht und man hat etwa sechs Monate Zeit, gegen die Fremdverwendung der eigenen Marken vorzugehen.

Weitere Informationen und häufig gestellte Fragen finden Sie in der ICANN Ecke von MarkMonitor.

Nächste Runde: EuGH entscheidet über die Marke „Budweiser“

Gastkommentar von RA Alexander Späth, Markenrechtsexperte im Kölner Büro von CMS Hasche Sigle.

Der jahrzehntelange Streit zwischen der tschechischen Brauerei Bud?jovický Budvar und dem US-amerikanischen Brauriesen Anheuser-Busch ist um eine EuGH-Entscheidung reicher: Der EuGH hat am 29.7.2010 zugunsten von Budvar entschieden und Anheuser die Eintragung der EU-Marke „Budweiser“ versagt. Budvar konnte ältere und damit bessere Rechte in Benelux, Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich geltend machen.

Der Streit zwischen beiden Häusern ist mit diesem Urteil nicht erledigt. Im Gegenteil: Anheuser hat im Anschluss an das jetzige Urteil die Möglichkeit, sich markenrechtlich in Europa weiter zu positionieren, indem die nun zurückgewiesene EU-Marke in nationale Marken umgewandelt wird, mit Ausnahme der Länder, in denen Budvar die älteren Rechte geltend machen konnte.

Seit Jahrzehnten bringt sich Anheuser weltweit mit seinen Markenanmeldungen in Stellung, und kollidiert dabei immer wieder mit Rechten von Budvar, sei es in den USA, Europa, Israel, Vietnam oder Japan. Die Folge: Budweiser ist nicht gleich Budweiser. In den USA, Kanada und Großbritannien etwa benutzt Anheuser die Marke „Budweiser“, während Budvar auf „Czechvar“ oder „Budvar“ ausweicht. In Deutschland und in Österreich ist dies umgekehrt: hier verwendet Budvar die Marke „Budweiser“ und Anheuser muss ausweichen.

Der Streit ist in mehrfacher Hinsicht instruktiv: Zum einen zeigt er die Notwendigkeit, Marken frühzeitig international abzusichern. Werden Marken erst nach und nach, von Land zu Land, angemeldet, besteht die Gefahr, dass sich ein Mitbewerber oder ein unbeteiligter Dritter in Stellung bringt und die Marke zu seinen Gunsten anmeldet. Während der Fall „Budweiser“ seinen Beginn in einer Zeit nahm, als von Globalisierung noch keine Rede war, und der tschechische Markt in jeder Hinsicht weit vom U.S.-amerikanischen Markt entfernt war, sind derartige Probleme heutzutage nahezu an der Tagesordnung. Der Fall Budweiser zeigt aber auch, dass eine Einigung im Sinne einer Aufteilung von Auslandsmärkten nicht sinnvoll ist, wenn identische Marken kollidieren. Grenzenlose Reiseaktivitäten der Konsumenten und weltweite Bestellmöglichkeiten über das Internet sind nur zwei Gründe dafür, dass sich Produkte und Marken unabhängig von geografischen Landesgrenzen begegnen. Nicht nur, dass sich der London-Tourist aus Österreich über den Geschmack seines „Budweiser“ möglicherweise wundert, wenn er unerwartet ein amerikanisches Lager erhält. Es widerspricht auch sämtlichen Gedanken des europäischen Binnenmarktes, dass Waren unter ein und derselben Marke von zwei Unternehmen angeboten werden, die außer den jahrzehntelangen Rechtsstreitigkeiten keine weiteren Gemeinsamkeiten haben.

Fußballsammelbilder – man kann auch anders!

Die WM in Südafrika steht vor der Tür und auch markenrechtlich haben uns die Themen WM und Sammelbilder in den letzten Jahren intensiv beschäftigt.

In diesem Zusammenhang möchte ich eine kreative und taschengeldkompatible Alternative vorstellen.


(c) T. Bärmann

Die Aufstellung der deutschen Nationalmannschaft könnte dann in einigen Sammelalben möglicherweise so aussehen:


(c) T. Bärmann

ahd.de / BGH hält Domaingrabbern die Stange

Kommentar von RA Karsten Prehn zu BGH I ZR 135/06 – ahd.de:

Nach den Entscheidungen „weltonline.de“ und „afilias.de“ hat der BGH nunmehr in Sachen „ahd.de“ seine Linie durchgezogen, dem Löschungs- bzw. Freigabebegehren der Kläger bzgl. der streitbefangenen Domain nicht stattzugeben (Pressemitteilung des BGH).

Der Vorsitzende des 1. Zivilsenats hatte in der mündlichen Verhandlung am 19.02.2009 noch darüber nachgedacht, dem professionellen Domaingrabbing eventuell dadurch Einhalt gebieten zu können, die massenweise und systematische Registrierung von unterscheidungskräftigen, kennzeichnenden Domainnamen (wie z.B. dem Akronym „ahd“) im Gegensatz zur entsprechenden Massenregistrierung von generischen, glatt beschreibenden Namen als rechtsmissbräuchlich einzustufen. Damit würden abertausenden Firmen ein kostspieliger Ankauf von .de-Domainadressen bei den vielen Domain-Grabbern der Szene erspart bleiben.
Dieses Grundsatzurteil schafft jetzt jedoch Rechtssicherheit für diesen neu entstandenen Wirtschaftszweig, den Domainsekundärmarkt.

Die Domaingrabber müssen nunmehr nur noch beachten, die entsprechende Domain nicht im geschäftlichen Verkehr (z.B. ein Domain-Parking) einzusetzen, da hierdurch eine Kennzeichen- oder Markenverletzung auch mit prioritätsjüngeren Rechteinhabern entstehen könnte. Selbst bei Herbeiführung einer solchen Konfliktlage droht dem Grabber bei nicht bekannten oder berühmten Marken aber nur die kostenpflichtige Abmahngefahr, jedoch nicht die Gefahr über den sogenannten wettbewerbsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch die Domain aufgeben zu müssen. Während das LG und das OLG Hamburg seinerzeit noch klar einen Löschungsanspruch der Klägerin bejahten, nicht zuletzt weil die Beklagten der Klägerin die Domain für nicht unter 10.000,- DM zum Kauf angeboten hatten und danach ihr Verhalten dadurch intensivierten, dass von einem Baustellenschild auf ein mit der Klägerin branchengleiches Internetangebot umgestellt wurde, sah der 5. BGH-Senat trotz eindringlicher Stellungnahme des Autors im mündlichen Termin keine Veranlassung, wenigstens im speziellen einem wettbewerbsrechtlichen Löschungsanspruch stattzugeben. Damit dürften die Anforderungen für einen Rechtsmissbrauch in der jüngst erfolgten Entscheidung „afilias.de“ bei prioritätsälteren Domains astronomisch hoch gelegt worden sein.

Damit ist Folgendes zukünftig klargestellt:
Auch wenn bloße Domainregistrierungen keinerlei Kennzeichenrechte entfachen, so ist die Domain keinem Löschungsbegehren unterlegen, sofern die geltend gemachten Marken- oder Kennzeichenrechte nicht bereits vor der Domainregistrierung vorhanden waren. Bei prioritätsälteren Marken- und Kennzeichenrechten dürfte mit einiger Wahrscheinlichkeit gerade bei einem Verkaufsversuch die Ausnahme der Entscheidung „afilias.de“ greifen. [BGH a.a.O. …Anders verhält es sich allerdings, wenn es dem Domaininhaber wegen Rechtsmissbrauchs versagt ist, sich auf seine Rechte aus der Registrierung des Domainnamens zu berufen. So verhält es sich insbesondere dann, wenn der Domaininhaber den Domainnamen ohne ernsthaften Benutzungswillen in der Absicht registrieren ließ, sich diesen von dem Inhaber eines entsprechenden Kennzeichen- oder Namensrechts abkaufen zu lassen (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1997 – I ZR 95/95, GRUR 1998, 412, 414 = WRP 1998, 373 – Analgin; Urt. v. 19.2.1998 – I ZR 138/95, GRUR 1998, 1034, 1036 f. = WRP 1998, 978 – Makalu; Urt. v. 23.11.2000 – I ZR 93/98, GRUR 2001, 242, 244 = WRP 2001, 160 – Classe E; Beschl. v. 30.10.2003 – I ZB 9/01, GRUR 2004, 510, 511 = WRP 2004, 766 – S100; OLG Hamm MMR 2005, 377, 382 f.)].

Markenrechtliche Irrtümer: Die Leitklasse

von RA Karsten Prehn

Ein häufiger Irrtum betrifft die Wahl der Leitklasse bei der Markenanmeldung. Anmelder meinen als Leitklasse müsse die wichtigste Klasse der Markenanmeldung angegeben werden. Das ist nicht nur falsch, sondern kann auch den Fortgang der Anmeldung negativ beeinflussen, denn die richtige Wahl der Leitklasse ist ein wichtiges Steuerungselement für den Markenanmelder.

Bei der Anmeldung einer Marke ist aus dem Klassenverzeichnis eine sogenannte Leitklasse anzugeben. Diese Klasse bestimmt, welche Abteilung im DPMA die Prüfung der Markenanmeldung zugeschrieben wird. Die Wahl der Leitklasse hat zwar keine materielle Auswirkung auf die Eintragbarkeit Ihrer Marke (es muss nicht die wichtigste Klasse angegeben werden), jedoch eine erhebliche Beeinflussung der Eintragungsgeschwindigkeit.
Hierzu muss man wissen, dass bestimmte Klassen sehr gängig sind und die Anmelder oft aus Unwissenheit immer Ihre wichtigste Klasse als Leitklasse wählen und die entsprechende Markenabteilung hierdurch sehr belastet ist. Es kann also ratsam sein, eine Leitklasse zu wählen, die nicht so überlaufen ist. Die Klassenwahl ist unbedingt auch ein Mittel, um bekannt restriktiven oder arbeitsüberlasteten Prüfern aus dem Weg zu gehen.
Letztlich muss man wissen, dass das DPMA im Rahmen der Wiedervereinigung in zwei Teile geteilt wurde, nämlich München und Jena. Leider beträgt die Bearbeitungsdauer bei Markenanmeldungen in Jena in der Regel mindestens die doppelte Zeit wie in München. Deshalb sollte man tunlichst die Leitklassen kennen, die nach Jena gelangen und hierum einen großen Bogen machen.

Kommentar zu Entscheidungen des BGH in Sachen Google-Adwords-Werbung

Werbung mit fremden Unternehmenskennzeichen jetzt erlaubt?

Von RA Karsten Prehn

In den drei zur Entscheidung anstehenden Fällen hat sich der BGH zum interessanten Fall (AZ: I ZR 125/07 bananabay) der grundsätzlichen Möglichkeit einer Markenrechtsverletzung durch Google-Adwords-Werbung erwartungsgemäß nicht geäußert, sondern die Sache dem EuGH vorgelegt. Demnach ist die Rechtsunsicherheit auf viele Monate (vielleicht sogar Jahre) nicht behoben.

Im Lichte der jüngsten Google-Adwords-Entscheidungen des OLG Braunschweig muss man weiterhin dazu tendieren, eine Google-Adwords-Werbung auf keinen Fall mit fremden Markenzeichen zu schmücken und auch nicht die Google-Standard-Option „weitgehend passend“ bei der Einrichtung einer Google-Adwordskampagne einzustellen. Alles andere könnte weiterhin teuer werden.

In seiner ersten Entscheidung zu Google-Adwords hat der BGH für Verwirrung gesorgt. Im Verfahren (AZ: ZR 30/07 Beta Layout) liest sich das Urteil des BGH so, dass zukünftig rechtlich gesichert, Firmen in ihren Google-Adwords-Kampagnen auch den Firmennamen ihrer Konkurrenten einstellen dürfen. Der BGH verfolgt dabei scheinbar die Rechtsauffassung des OLG Düsseldorf, die im krassen Gegensatz zur Rechtsauffassung insbesondere des OLG Braunschweig steht. Damit dürften auch branchengleiche Firmen untereinander den Namen des direkten Konkurrenten in Ihrer Adwordswerbung benutzen, was tatsächlich ein Weglocken der vermeintlichen Besucher auf andere Webseite nach sich ziehen könnte.

Der Bundesgerichtshof (BGH) wies am 22.01.2009 die Klage der Firma Beta-Layout GmbH ab, die gegen die Verwendung ihres Firmenzeichens “Beta Layout” in Google-Adwords-Werbung ihrer Konkurrenten vorging. In diesem Fall ging es darum, dass ein anderer Wettbewerber bei Google als Adword die Bezeichnung “Beta Layout” angemeldet hatte. Demnach erschien immer dann, wenn ein Internetnutzer bei Google als Suchwort “Beta Layout” eingab, neben der üblichen Suchergebnisliste (organisches Ranking) ein Werbeblock mit einer Anzeige für die Produkte des Wettbewerbers. In diesem Fall hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Berufungsgerichts bestätigt, das eine Verletzung der Unternehmensbezeichnung und einen entsprechenden Unterlassungsanspruch mit der Begründung verneint hatte, es fehle an der für die Verletzung der Unternehmensbezeichnung erforderlichen Verwechslungsgefahr. Der Internetnutzer nehme nicht an, dass die in dem gesonderten Anzeigenblock neben der Trefferliste erscheinende Anzeige von der Beta Layout GmbH stamme.

Sofern die Instanzenrechtsprechung unter Bezug auf dieses Urteil ergeben sollte, dass man das Urteil nur so verstehen kann, dass Adwordswerbung mit fremden Unternehmenskennzeichen zukünftig erlaubt sein soll, wird bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) über die Frage, ob auch eine Werbung mit fremden Marken in Adwords-Kampagnen erlaubt oder verboten ist (der BGH hat zeitgleich ein anderes Verfahren bzgl. dieser Frage dem EuGH vorgelegt), nur die eingetragene Marke eine sinnvolle Verteidigungsstrategie sein.

Jede Firma, die ihren Firmennamen noch nicht als Marke geschützt hat, sollte dies jetzt schleunigst in Angriff nehmen.