BPatG: Regelgegenstandswert im Widerspruchsbeschwerdeverfahren

26 W (pat) 47/10

Leitsatz:
Regelgegenstandswert im Widerspruchsbeschwerdeverfahren
Im Widerspruchsbeschwerdeverfahren wird im Regelfall einer im Inland noch unbenutzten Marke ein Gegenstandswert in Höhe von 50.000 € für angemessen erachtet (Anschluss an BPatG PAVIS PROMA, 27 W (pat) 75/09, Beschluss vom 5. August 2008).

Quelle: Bundespatentgericht

BPatG: Löss – kein Markenschutz für Bodenzeichnung

Unter dem Aktenzeichen 26 W (pat) 164/09 hatte sich 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts mit der Beschwerde gegen die Löschung der Wortmarke Löss (306 67 647) zu befassen.

Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat am 10. Juni 2009 die Löschung der angegriffenen Marke beschlossen, weil es sich bei ihr um eine Angabe handele, die bereits zum Eintragungszeitpunkt dazu habe dienen können und tatsächlich auch gedient habe, eine Eigenschaft eines Weins zu bezeichnen, und die auch weiterhin hierfür geeignet sei. Zur Begründung hat die Markenabteilung ausgeführt, sie habe in einer eigenen Internetrecherche die Angabe „Löss“ in zahlreichen Weinbeschreibungen als Hinweis darauf gefunden, dass der Wein auf einem Lössboden angebaut worden sei. Diese beschreibende Verwendung des Wortes „Löss“ zeige, dass ein Interesse der Allgemeinheit sowie der Mitbewerber der Antragsgegnerin an der freien Verwendbarkeit des Wortes
„Löss“ für Weine bestehe, die von dem im Warenverzeichnis enthaltenen Warenoberbegriff „Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“ mit umfasst würden.
Demgegenüber sei es nicht erheblich, ob der Anbau eines Weins auf einem Lössboden den Geschmack eines Weines tatsächlich merklich beeinflusse. Auch die Behauptung der Antragsgegnerin, ihre Marke habe inzwischen Verkehrsgeltung erlangt, habe die Löschung der angegriffenen Marke nicht verhindern können, weil die Antragsgegnerin keine Tatsachen vorgetragen habe, die geeignet seien, eine
Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke glaubhaft zu machen. Insbesondere seien die von der Antragstellerin angeführten Umsatzzahlen und Werbeaufwendungen zur Glaubhaftmachung einer Durchsetzung der angegriffenen Marke im Verkehr erheblich zu gering.

Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, bei der angegriffenen Bezeichnung handele es sich in Bezug auf alkoholische Getränke nicht um eine unmittelbar beschreibende Angabe. Das Wort „Löss“ bezeichne zwar eine bestimmte Bodenart, aber keine Eigenschaft eines Weines. Es fehle an dem erforderlichen unmittelbaren Produktbezug der Marke. Höre ein
durchschnittlicher Weintrinker das Wort „Löss“ in Verbindung mit Wein, so müsse er erst einen gedanklichen Schluss von der Bodenbeschaffenheit auf die Eigenschaft des Weins vollziehen. Es handele sich somit bei „Löss“ in Bezug auf die Ware „Weine“ allenfalls um eine mittelbar beschreibende Angabe, die als solche nicht freihaltungsbedürftig sei.

Das Bundespatentgericht schloss sich der Auffassung des DpMA an und bestätigte die Löschung der Marke und führte dazu aus:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.
Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den zulässigen, insbesondere innerhalb der Frist des § 50 Abs. 2 S. 2 MarkenG gestellten Löschungsantrag hin zutreffend die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, weil es sich bei der die Marke bildenden Bezeichnung „Löss“ sowohl zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag um eine Angabe handelte, die zur Bezeichnung eines sonstigen Merkmals der Ware „Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“ dienen konnte (§§ 50 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1, 54 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

[…] Mit dem deutschen Begriff „Löss“ wird eine bestimmte Bodenart bezeichnet (Duden, Deutsches Universalwörterbuch A-Z, 2. Auflage 1989, S. 967). Lössböden finden sich, wie die Antragstellerin unwidersprochen vorgetragen hat, u. a. auch in den Weinanbaugebieten Rheinhessens, der Pfalz und des Rheingaus. Auf Lössböden werden, da er sehr fruchtbar, leicht zu bearbeiten und gut durchlüftet ist, tatsächlich auch Weine angebaut, wie sich u. a. aus den von der Markenabteilung ermittelten und der Antragsgegnerin übermittelten Internetseiten und Auszügen aus der Zeitschrift „Weinwirtschaft“, Ausgabe 11/08, ergibt. All dies stellt auch die Antragsgegnerin nicht in Abrede.

Neben der Rebsorte bzw. den Rebsorten, aus der/denen ein Wein erzeugt wird, sowie dem Jahrgang eines Weines und dem Können und Ruf des Winzers spielt für den Durchschnittskäufer eines Weins auch die geografische, geologische und klimatische Herkunft des Weins, das sog. terroir, eine den Kaufentschluss maßgeblich mit beeinflussende Rolle. Dementsprechend werben auch Winzer und andere
Wein vermarktende Unternehmen für Weine mit der Angabe des Bodens, auf dem der Wein gewachsen ist. Dass die Bodenbeschaffenheit des Anbaugebiets im Allgemeinen und der Anbau eines Weins auf einem Lössboden im Besonderen sich auf den Geschmack eines Weins auswirken kann, ergibt sich aus den von der Markenabteilung im angegriffenen Beschluss angeführten und diesem als Anlage beigefügten Internetseiten (vgl. insoweit insbesondere die Internetseite http://www.welt.de/lifestyle/article3673870/Wenn-er-nach-Stahl-schmeckt-liegtsam-terroir).

Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, ob die Angabe „Löss“ gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossen ist, aber gar nicht entscheidend darauf an, ob der Anbau auf einem Lössboden den Geschmack eines Weins erkennbar beeinflusst. Denn nach der vorgenannten Bestimmung sind nicht nur Angaben über die Art und Beschaffenheit einer Ware oder Dienstleistung,
sondern auch solche Angaben von der Eintragung ausgeschlossen, die sonstige Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen bezeichnen.

[…] Die Tatsache, dass ein Wein auf einem Lössboden gewachsen ist, stellt als solche – unabhängig von dem daraus im Einzelfall konkret resultierenden Geschmack des Weins, der auch durch andere Faktoren mitbestimmt wird – eine für die Durchschnittskäufer von Weinen bedeutsame und damit für die Erzeuger und Anbieter von Weinen wichtige Angabe über die (geologische) Herkunft des
Weins dar. Die erhebliche Bedeutung der Angabe des Bodens, auf dem der Wein gewachsen ist, für die Vermarktung eines Weins lässt sich bereits daraus ersehen, dass die Anbieter von Weinen diese Angabe häufig mit in die Beschreibung der Charakteristik des von ihnen angebotenen Weins aufnehmen. Die Angabe „Löss“ bezeichnet somit nicht nur mittelbar den Geschmack eines Weins, sondern bezeichnet unmittelbar ein sonstiges Merkmal des Weins, nämlich dahingehend, dass dieser auf „Löss“ angebaut worden ist, weshalb die Angabe „Löss“ für die vom Warenoberbegriff „Alkoholische Getränke, ausgenommen Biere“ mit umfassten Weine schon zum Zeitpunkt der Anmeldung und Eintragung der angegriffenen Marke freihaltungsbedürftig war und auch weiterhin ist.

Quelle: Bundespatentgericht

BPatG: Feierbiest

Das Bundespatentgericht hat im Beschwerdeverfahren (AZ: 27 W (pat) 512/11) den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben soweit dem angemeldeten Zeichen die Eintragung als Marke versagt wurde.

Eine Wahrnehmung des Begriffs „Feierbiest“ als eine unmittelbar beschreibende Angabe scheidet für die in Rede stehenden Waren aus.

Die Bezeichnung verfügt infolge ihrer sprachunüblichen Zusammensetzung über eine gewisse Ungewöhnlichkeit. Dabei wird der Wortteil, der eine festliche Veranstaltung beschreibt, ergänzt durch den mehrdeutigen Begriff, der als großes, lästiges oder unangenehmes Tier oder als frecher, durchtriebener, gemeiner oder niederträchtiger Mensch oder widerspenstige oder tollkühne Frau oder als verwünschter, nicht mehr funktionsfähiger Gegenstand erkannt werden kann.
Auch wenn das Publikum im Markenwort die bekannten Begriffe „Feier“ und „Biest” erkennt, wird mit diesem Begriff noch nicht ein Merkmal der verfahrensgegenständlichen Waren der Klassen 24 (Textilwaren, Textilstoffe, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Stoffe; Bettwäsche; Fahnen, Wimpel) und 25 (Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen; insbesondere Oberbekleidungsstücke,
T-Shirts, Polohemden, Langarmshirts, Tops, Hemden, Hemdblusen, Blusen, Pullover, Jacken, Jeans, Sportbekleidung) beschrieben.

Dabei ist es unerheblich, ob der ehemalige Trainer des FC Bayern München Louis van Gaal den Begriff geprägt und für sich in Anspruch genommen hat. Wie schon die Belege der Markenstelle andeuteten, hat die Recherche des Senats ergeben, dass der Begriff „Feierbiest“ in zahlreichen Kontexten verwendet wird; so etwa „Holländische Hotelarchitektur – Ein echtes Feierbiest“ in Spiegel Online Kultur vom 03.06.2010 oder „Mein Prof, das reine Feierbiest“ in Göttinger Nachrichten vom 28.05.2010 oder „Feierbiest trifft auf Kultur“ in Schwarzwälder Bote vom 30.12.2010 oder „Lodda und sein Feierbiest“ in Neckar Chronik vom 07.04.2011 oder „Feierbiest – Party-Hits 2010 – Die Hits aus Mallorca und Bulgarien“ nach www. musicload. de.

Eine – allein in Betracht kommende – Zweckbestimmung scheidet schon deshalb aus, weil weitere Umstände, wie die Person oder die Gelegenheit, zu der die Ware be- oder genutzt werden könnte, erst hinzugedacht werden müssten (BGH GRUR 2011, 65 – Buchstabe T mit Strich). Aus diesen Gründen liegt auch kein enger beschreibender Bezug des Markenworts zur Verwendung dieser Waren für Feste
und Feiern vor.

via: Class46

BPatG: Berliner Reichstagsbrand

Der Verstoss gegen die guten Sitten und / oder die öffentliche Ordnung (§ 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG) wird derzeit vom Bundespatentgericht offenbar deutlich anders beurteilt als vom Deutschen Patent- und Markenamt. Wie bereits in der Entscheidung zur Wortmarke “Ficken” hob das BPatG jetzt auch im Beschwerdeverfahren um die Marke “Berliner Reichstagsbrand” die Zurückweisung des DPMA auf.

Das Bundespatentgericht jedoch ließ sich davon überzeugen, dass es sich bei der Marke „Reichstagsbrand“ für einen Branntwein um ein provokatives Wortspiel handelt, das von den Verbrauchern erkannt werde. Über den Reichstagsbrand als solchen hinausgehende Kenntnisse der Deutschen Geschichte, die den kausalen oder tempora?ren Bezug des Brandes zum Erlass der Notverordnung, deren Inhalt oder die Urheberschaft der Brandstiftung betreffen, ließen sich dem Gericht zufolge beim angesprochenen Verkehr zumindest nicht als im Moment der Wahrnehmung eines Kennzeichens fu?r „Spirituosen“ abrufbares, pra?sentes Wissen voraussetzen. Eine Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus sah das Gericht auch deshalb als nicht gegeben an, weil sich das NS-Regime nie die Urheberschaft des Reichstagsbrands selbst zugeschrieben ha?tte.

Quelle: Telepolis

Allerdings öffnet das Gericht mit seiner Argumentation auch die Tür für weitere Ablehnungsgründe, die aber offenbar seitens des DPMA nicht angeführt wurden.

Wird „Berliner Reichstagsbrand“ im Zusammenhang mit „Spirituosen“ verwendet, wird der Verkehr mit dem Wort „Brand“ – dem klanglichen Doppelsinne des Wortes entsprechend – zugleich, wenn nicht gar in erster Linie, ein gebranntes alkoholisches Getränk wie Branntwein verbinden und unter Umständen einen Sinnzusammenhang mit dem heute als Sitz des Deutschen Bundestages genutzten Berliner Reichstagsgebäude herstellen.

Und da haben wir dann einen Herkunftshinweis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) und auch eine irreführende Bezeichnung (§ 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG) – solange der Schnaps nicht im Reichstage gebrannt wird.

BPatG: SCORPIONS

33 W (pat) 526/10

Leitsatz:
SCORPIONS

Im Verkehr wird ein Markenzeichen, das dem Namen einer bekannten Musikgruppe entspricht, auf Merchandise-Artikeln der Bekleidungsbranche (auch) als Hinweis auf die Herkunft dieser Ware angesehen.

Dies gilt, selbst wenn das Wortzeichen nur im Brust- oder Rückenbereich von Oberbekleidung, wie z. B. T-Shirts, abgebildet ist und/oder dem erkennbar im Vordergrund stehenden Markenzeichen Hinweise auf Konzertorte und/oder Konzerttermine beigefügt sind.

Quelle: Bundespatentgericht

BPatG: Schokoladenstäbchen

25 W (pat) 8/09

Normen: MarkenG § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1;
§ 83 Abs. 2 Nr.1, Nr. 2;
PVÜ Art. 6 quinquies B Nr. 3

Leitsatz:

Schokoladenstäbchen

1. Es ist für die Entscheidung über die Eintragung einer Marke bzw. – im Falle einer bereits vollzogenen Eintragung – im Löschungsverfahren für die Entscheidung über den Verbleib der Marke im Register fundamentale Voraussetzung und Bestandteil des ordre public im Sinne von Art. 6 quinquies B Nr. 3 PVÜ, dass der Schutzgegenstand eindeutig bestimmt und definiert wird (vgl. EuGH GRUR 2003, 145 [Tz. 46] – Sieckmann; GRUR 2003, 604 [Tz. 28] – Libertel; GRUR 2004, 858 [Tz. 25] – Heidelberger Bauchemie GmbH und GRUR 2004, 54 [Tz. 55 – 63] – Shield Mark/Kist und BGH GRUR 2007, 150 [Tz. 16 – 23] – Tastmarke). Dieser Grundsatz gilt nicht nur für abstrakte Farbmarken oder visuell nicht wahrnehmbare Marken wie z. B. Hör-, Riech- und Tastmarken, sondern auch für alle anderen, insbesondere auch visuell wahrnehmbaren Markenformen, und demzufolge auch für dreidimensionale Gestaltungen.

2. Die unter dem Gebot der Rechtssicherheit erforderliche eindeutige Definition des Schutzgegenstandes muss die nach § 8 Abs. 1 MarkenG für ein Registerrecht zwingend vorgesehene grafische Darstellung in der Weise verwirklichen, dass sich daraus eindeutig ein (einziges) Zeichen ergibt. Unter diesem Gesichtspunkt fehlt eine fundamentale Voraussetzung für die Schutzgewährung bzw. -belassung, wenn bei einer dreidimensionalen Gestaltung für die Wiedergabe des Zeichens eine Darstellungsform gewählt wird, die eine Deutung in Richtung mehrerer, auch den Schutzumfang in relevanter Weise mitbestimmender Gestaltungsvarianten zulässt.

3. Auch wenn die genaue Identifizierung und Bestimmung des Schutzgegenstandes nicht als eigenständiges Schutzhindernis normiert ist, führt ein entsprechender Mangel regelmäßig zu zwei auch im markenrechtlichen Normensystem enthaltenen absoluten Schutzhindernissen. Soweit die der Anmeldung bzw. Eintragung zugrundeliegende Darstellung den dreidimensionalen Schutzgegenstand nicht eindeutig festlegt, sondern ein ganzes Bündel von Gestaltungs-varianten möglich erscheinen lässt, handelt es sich zum einen nicht mehr um ein Zeichen i.S.d. § 3 Abs. 1 MarkenG, für das allein Schutz gewährt werden kann, sondern um eine Vielzahl von Zeichen. Außerdem ist dieses im Register notwendigerweise darzustellende eine Zeichen dann auch nicht grafisch dargestellt bzw. darstellbar i.S.d. § 8 Abs. 1 MarkenG.

Quelle: Bundespatentgericht