Die jüngere Wort-/Bildmarke wurde vom Deutschen Patent- und Markenamt nach Widerspruch aus der älteren Marke vollständig gelöscht.
Das Bundespatentgericht schloss sich dieser Auffassung nicht vollständig an und führte aus:
Die zulässige, insbesondere nach § 66 Abs. 1 MarkenG statthafte und gem. § 66 Abs. 2 MarkenG fristgerecht eingelegte Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat nur in geringem Umfang Erfolg. Hinsichtlich der im Tenor genannten Waren „Kerzen und Dochte für Beleuchtungszwecke“ liegt keine Verwechslungsgefahr gem. §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 107 Abs. 1 MarkenG vor, so dass der angegriffene Beschluss der Markenstelle insoweit aufzuheben und der Widerspruch zurückzuweisen war gem. § 43 Abs. 2 S. 2 MarkenG. Hinsichtlich der übrigen Waren der angegriffenen Marke besteht demgegenüber Verwechslungsgefahr, so dass die die angegriffene Marke in diesem Umfang aufgrund des Widerspruchs aus dem deutschen Schutzrechtsanteil der Marke IR 488 118 gem. § 43 Abs. 2 S. 1 MarkenG zu Recht gelöscht wurde
1. Eine Gewährleistungsmarke verfügt über Unterscheidungskraft, wenn sie geeignet ist, Waren und Dienstleistungen, für die die Gewährleistung besteht, von solchen Waren und Dienstleistungen zu unterscheiden, für die keine derartige Gewährleistung durch den Markeninhaber besteht (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i.V.m. § 106a Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 2 MarkenG).
2. Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Gewährleistungsmarken sind grundsätzlich bzw. im Ansatz die zu Individualmarken entwickelten Grundsätze heranzuziehen, allerdings spezifisch auf die Funktion der Gewährleistungsmarke bezogen. Dabei sind keine höheren oder niedrigeren Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen als bei Individualmarken.
3. a) Allgemeinen Anpreisungen und rein waren- oder dienstleistungsbeschreibenden Angaben fehlt im Allgemeinen die gewährleistungsmarkenrechtliche Unterscheidungskraft.
b) Dies gilt grundsätzlich auch für Angaben, die die gewährleisteten Eigenschaften bezeichnen, vor allem dann, wenn aus der Marke die Gewährleistung für die betreffende Eigenschaft nicht hervorgeht.
4. Der für Individualmarken anerkannte Grundsatz, dass an die grafische Gestaltung umso höhere Anforderungen zu stellen sind, je deutlicher der beschreibende Charakter der fraglichen Angabe selbst hervortritt (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 – antiKALK), gilt entsprechend auch bei Gewährleistungsmarken.
5. Die der Anmeldung nach § 106d MarkenG beizufügende Satzung ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer angemeldeten Gewährleistungsmarke nicht (mit) zu berücksichtigen.
Die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der beanspruchten Wortkombination „Virtual Shopping“ als Marke steht in Verbindung mit allen beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat daher zu Recht die Anmeldung vollumfänglich zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
Zur Beschwerde gegen die Ablehnung der Markenanmelödung seitens der Markenstelle des DPMA führt das Bundespatentgericht aus:
Die Beschwerde bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens „BACKVERLIEBT“ steht in Verbindung mit den beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Marke daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
Unter dem Aktenzeichen 30 W (pat) 543/22 befasste sich der 30. Senat des Bundespatentgerichts mit der Beschwerde des Markenanmelders gegen die Zurückweisung seiner Marke durch die Markenstelle des DPMA.
Das Markenamt hatte die Markenanmeldung für Dienstleistungen der Klassen 35, 41, 42 und 45 wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen.
Das Bundespatentgericht schloss sich der Auffassung des DPMA an, formulierte jedoch eine Ausnahme:
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. September 2022 aufgehoben, soweit die Anmeldung in Bezug auf „Klasse 45: Sicherheitsdienste zum physischen Schutz von Sachgütern oder Personen“ zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Unter dem Aktenzeichen 26 W (pat) 30/21 hatte sich der 26. Senat des Bundespatentgericht mit der Beschwerde gegen die Entscheidung der Markenstelle des DPMA zu befassen.
Gegen die Wort-/Bildmarke
Registernummer 302014050008 Quelle: DPM
hatte die Beschwerdegegnerin die Löschung der angegriffenen Marke gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG beantragt. Sie hat geltend gemacht, dass die Marke freihaltebedürftig sei, weil sie mit der für sie eingetragenen Warengruppe in Verbindung gebracht werden könne, so dass sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eingetragen worden sei.
Mit Beschluss vom 8. Juli 2021 hat die Markenabteilung 3.4 des DPMA den Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit und Löschung sowie den Antrag der Markeninhaberin, der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, zurückgewiesen und den Gegenstandswert des Verfahrens auf 50.000,00 Euro festgesetzt
Zur Begründung hat die Markenabteilung ausgeführt, dass ein Verstoß gegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht vorliege. Bei der Bezeichnung „Sophienwald“ handele es sich um die deutsche Bezeichnung eines nunmehr tschechischen Ortsteils („Žofina Hut“) des Ortes „Nová Ves nad Lužnici“, dessen deutsche Bezeichnung seit 1945 nicht mehr verwendet werde. Zwar habe in eben dieser Ortschaft von 1790 bis 1945 eine Glashütte mit der Bezeichnung „Sophienwald“ existiert und das niederösterreichisch-böhmische Grenzgebiet sei auch für die Glaserzeugung bekannt gewesen. Der Betrieb der Glashütte sei aber 1945 aufgegeben und die deutsche Bevölkerung aus dem Gebiet vertrieben worden, einschlägige Herstellungs- oder Vertriebsunternehmen seien nicht mehr gegeben. Der nunmehr mit „Žofina Hut“ bezeichnete Ortsteil umfasse lediglich eine Straße und keine Bahnstation, eine nennenswerte Infrastruktur sei nicht zu verzeichnen. Der Ortsteil habe im Jahr 2011 nur 56 Einwohner gezählt, weshalb seine wirtschaftliche Bedeutung als gering einzustufen sei. Aufgrund der geringen Größe des Ortsteils und der Tatsache, dass die deutsche Bezeichnung des Ortsteils seit über siebzig Jahren nicht mehr verwendet werde, sei davon auszugehen, dass für die allgemeinen deutschen Verkehrskreise die Bezeichnung „Sophienwald“ als beschreibende Ortsangabe nicht verständlich sei und daher nicht zur Beschreibung der beanspruchten Waren dienen könne, zumal der Ortsteil „Žofina Hut“ im Grenzgebiet zu Österreich und nicht zu Deutschland liege und daher seine Bekanntheit in Deutschland noch erheblich geringer als in Österreich ausfallen dürfte. Die nur sehr wenigen und überwiegend auch recht alten Publikationen zur Glasmachertradition des ehemals österreichischen Waldviertels, in denen die Glashütte „Sophienwald“ namentlich genannt werde, legten nahe, dass die Bedeutung der Glashütte „Sophienwald“ eher als regional anzusehen sei und zumindest in Deutschland auch die Anzahl der Fachleute, denen die seit 1945 nicht mehr bestehende Glashütte in Sophienwald ein Begriff sei, äußerst gering sein dürfte. Auch heiße der Ort, nachdem die Glashütte benannt wurde, nunmehr „Žofina Hut“ und die deutsche Bezeichnung werde nicht mehr verwendet. Gegen eine relevante Bekanntheit in Deutschland spreche zudem, dass Deutschland eine eigene Glasmachertradition aufweise, angesiedelt insbesondere in der Lausitz.
Der Auffassung der Markenstelle schloss sich das Bundespatentgericht an und wies die Beschwerde zurück.
Interessant ist die Entscheidung, da sich das Europäische Markenamt EUIPO und das Europäische Gericht EuG jüngst mit der identischen Fallkonstellation zur Unionsmarke “SW Sophienwald” zu befassen hatten und zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen sind.