EuG: T – 408/15 – Markenschutz für Kingelton

Das Gericht der EU bestätigt, dass ein Standardklingelton (Alarm- oder Telefonklingelton) wegen seiner Banalität nicht als Unionsmarke eingetragen werden kann

Im Jahr 2014 meldete die brasilianische Gesellschaft Globo omunicação e Participações das folgende Hörzeichen für u.a. Träger zur Verbreitung von Informationen auf elektronischem und mündlichem Wege sowie mittels Fernsehens (z.B. Anwendungen für Tabletcomputer und
Smartphones) beim EUIPO (Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum, ehemals HABM) als Unionsmarke an:

Das Hörzeichen sollte im Wesentlichen als Alarm- oder Telefonklingelton verwendet werden.
Das EUIPO lehnte die Eintragung dieses Hörzeichens als Unionsmarke ab, weil ihm die Unterscheidungskraft fehle. So handele es sich bei der angemeldeten Marke um einen banalen und allgemein üblichen Klingelton, der generell nicht auffalle und dem Verbraucher nicht im Gedächtnis bleibe.

Die Globo Comunicação e Participações S/A hat beim Gericht der Europäischen Union eine Klage auf Aufhebung dieser Entscheidung des EUIPO erhoben.
Mit seinem heutigen Urteil bestätigt das Gericht die Entscheidung des EUIPO und weist die Klage des brasilianischen Unternehmens ab.

Das Gericht führt zunächst aus, dass Klänge markenfähig sind, wenn sie sich grafisch darstellen lassen – was hier der Fall ist, da die ngemeldete Marke als Musiknoten dargestellt wird, die in einem Notensystem mit Notenschlüssel, Pausen und Vorzeichen aufgezeichnet sind.

Nach Ansicht des Gerichts wird die angemeldete Marke jedoch von der breiten Öffentlichkeit lediglich als eine bloße Funktion der beanspruchten Waren und Dienstleistungen wahrgenommen und nicht als ein Hinweis auf deren betriebliche Herkunft. Denn es handelt sich um einen „Standardklingelton“, der sich bei jedem elektronischen Gerät mit einer Zeitschaltuhr und jedem Telefon findet, so dass das Publikum ohne vorherige Kenntnis nicht in der Lage sein wird, diesen Klingelton als Hinweis darauf zu identifizieren, dass die Waren und Dienstleistungen
von der Globo Comunicação e Participações S/A stammen. Die angemeldete Marke ist nicht mehr als ein Alarm- oder Telefonklingelton, der als einzige charakteristische Eigenschaft die Wiederholung der Note aufweist, aus der er besteht (zweimal die Note Gis),und damit kein weiteres Merkmal, das es ermöglichen würde, darin etwas anderes zu erkennen als eben diesen Klingelton. Daraus zieht das Gericht die Schlussfolgerung, dass dieser Klingelton im Allgemeinen nicht auffällt und dem Verbraucher nicht im Gedächtnis bleibt.

In Bezug auf Fernsehdienste sowie Dienstleistungen der Fernsehprogrammgestaltung stellt das Gericht die gleichen Erwägungen an und kommt zu dem Ergebnis, dass das Publikum das Hörzeichen wegen seiner Banalität lediglich als Hinweis auf den Beginn oder das Ende eines Fernsehprogramms wahrnehmen wird.
Da der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft fehlt, gelangt das Gericht zu dem Schluss, dass das EUIPO keinen Fehler begangen hat, als es ihre Eintragung abgelehnt hat.

Quelle: Pressemitteilung des EuG

EuG maßregelt EUIPO


von Marcus Nothhelfer (Partner bei ARQIS sowie Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht)

Der Sportartikelhersteller Puma hat am Freitag vor dem Europäischen Gericht (EuG) gegen das das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) gewonnen (Az. T?159/15). Das Urteil ist vor allem deswegen spannend, weil das EuG sich zum Umgang des EUIPO mit Unterlagen äußert, die Parteien nicht in der Verfahrenssprache einreichen. Bislang ging das Amt sehr unterschiedlich damit um.

Der Fall: Das italienische Maschinenbauunternehmen Gemma Group Srl hat 2013 die Registrierung einer EU-Marke bei dem EUIPO beantragt. Das Zeichen stellt eine springende Raubkatze dar. Puma legte gegen die Markenanmeldung Widerspruch ein, der jedoch von der Beschwerdekammer des EUIPO zurückgewiesen wurde. Dabei ignorierte die Beschwerdekammer Eingaben über den Bekanntheitsgrad von Puma, da sie nicht in der Verfahrenssprache eingereicht worden waren. Die Entscheidung der Beschwerdekammer hat das EuG nun kassiert. Das EUIPO muss nun über den Widerspruch von Puma unter Berücksichtigung aller Eingaben neu entscheiden.

Analyse: Den Richtern zufolge haben es sich die Prüfer der Beschwerdekammer zu einfach gemacht hat, sodass deren Entscheidung keine relevante Grundlage hat. Puma kann wieder darauf hoffen, die Eintragung des Logos von Gemma als EU-Marke zu verhindern“, fasst es IP-Rechtler Marcus Nothhelfer von ARQIS Rechtsanwälte zusammen. „Die Entscheidung ist grundsätzlich zu begrüßen, weil sie zu mehr Einheitlichkeit in der Arbeit des EUIPO führen dürfte. Das EUIPO ist mit Unterlagen, die nicht in der Verfahrenssprache eingereicht wurden, bislang sehr unterschiedlich umgegangen. Mal akzeptieren die Prüfer das Dokument, in anderen Fällen fordern sie auf, eine Übersetzung nachzureichen, und in wieder anderen Fällen wie hier werden die Dokumente nicht berücksichtigt.

Link zum Urteil einschließlich einer Abbildung des streitigen Markenzeichens.

Marcus Nothhelfer ist Partner bei ARQIS Rechtsanwälte und am Münchner Standort tätig. ARQIS ist eine Wirtschaftskanzlei mit Transaktionsfokus. Sie berät börsennotierte Gesellschaften, Tochtergesellschaften multinationaler Konzerne und mittelständische Unternehmen sowie Finanzinvestoren. An den Standorten in Düsseldorf, München und Tokio sind ca. 45 Berufsträger tätig. www.arqis.com