BPatG: NIKE vs. NAIKE oder der Sonderschutz der bekannten Marke

Unter dem Aktenzeichen 26 W (pat) 25/23 hat das Bundespatentgericht die Entscheidung der Widerspruchsabteilung des DPMA korrigiert und die vollständige Löschung der Wort-/Bildmarke “NAIKE” angeordnet.

Im Widerspruchsverfahren hatte das Deutsche Patent- und Markenamt lediglich auf eine Teillöschung des jüngeren Kennzeichens entschieden.

Das Bundespatentgericht setzt sich in der Entscheidung umfänglich mit dem Löschungsgrund des Sonderschutzes der bekannten Marke gemäß §§ 119 i.V.m. 9 Abs. 1 Nr. 3, 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auseinander.

Der durch die ältere Marke angesprochene Verkehr bringt der Widerspruchsmarke Wert- und Qualitätsvorstellungen entgegen, die über reine Produkteigenschaften hinausgehen und sich, wie bereits ausgeführt, auf die Vermittlung eines bestimmten Lebensgefühls (sportlich, dynamisch, aktiv) erstrecken. Dieser – im Sinne eines wettbewerblichen Besitzstands erworbene – Ruf wird durch die Verwendung der an die Widerspruchsmarke erkennbar angelehnten jüngeren Marke verwässert. Der mit der Widerspruchsmarke verbundene positiv konnotierte „Lifestyle“ droht relativiert zu werden, wenn diese Verkehrserwartung auf die beschwerdegegenständlichen Waren der angegriffenen Marke übertragen wird. Denn diese Waren betreffen verschiedene Aspekte des gemeinhin wenig positiv konnotierten Themas „Reinigung“ bzw. „Putzen“ oder „Waschen“, sei es als Apparate/Maschinen zur Durchführung von Reinigungsarbeiten oder als Substanz oder Mittel, das für Reinigungszwecke benutzt wird, also allesamt Waren, die ihrem Verwendungszweck entsprechend für „lästige, notwendige Pflichtaufgaben“ des Alltags zum Einsatz kommen und vom Verkehr gerade nicht als Ausdruck eines angestrebten positiven Lebensstils wahrgenommen werden. Das mit der Widerspruchsmarke verbundene Lifestyle-Image würde unweigerlich aufgeweicht werden, soweit die hochgradig ähnliche angegriffene Marke im Bereich der von ihr beanspruchten Waren dem Verkehr begegnen würde.

Quelle: Bundespatentgericht

Verwechslungsfähigkeit von Wein und Kaffee oder Tee

Unter dem Aktenzeichen 26 W (pat) 548/22 hatte sich das Bundespatentgericht im Beschwerdeverfahren mit der Frage zu befassen, ob Weine verwechslungsfähig sind mit den Waren Kaffee, Tee, Kaffeegetränke oder Teegetränke.

Das DPMA hatte einen entsprechenden Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsfähigkeit der Waren zurückgewiesen.

Dieser Auffassung schloss sich das Bundespatentgericht an und führte aus:

Der Umstand, dass sich Waren bzw. Dienstleistungen in irgendeiner Hinsicht ergänzen können, reicht nicht für die Feststellung ihrer Ähnlichkeit aus (EuG GRUR Int 2005, 503, Rn. 63 – SISSI ROSSI).


Eine solche Ähnlichkeit erfordert vielmehr einen engen Zusammenhang zwischen den Waren oder Dienstleistungen dergestalt, dass die eine für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist (Ströbele/Hacker/Thiering, 14. Aufl., § 9 MarkenG, Rn. 90 m.w.N.; EuG GRUR Int 2007, 845 Rn. 48 – PiraNAM; EuG GRUR Int 2009, 421 Rn. 52 – O STORE). Daran fehlt es bezüglich der zu prüfenden Vergleichswaren.

Quelle: BPatG

Wenn ein Hashtag den Unterschied macht

DPMA und BPatG (AZ 30 W (pat) 43/23) weisen die folgende Wort-/Bildmarke wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurück.

Quelle: DPMA

Am gleichen Tag wurde mit identischem Dienstleistungsverzeichnis die folgende Wort-/Bildmarke angemeldet.

Quelle: DPMA

Ergebnis: Marke eingetragen!

BPatG: VIVRE vs. vimem

Sind die nachfolgenden Zeichen bei identischen Waren und Dienstleistungenverwechslungsfähig?

Quelle: BPatG

Die Widerspruchsabteilung des DPMA hatte den Widerspruch aus der Wortmarke “VIVRE” gegen die Wort-/BIldmarke “vivem” zurückgewiesen.

Im Beschwerdeverfahren stützte das Bundespatentgericht unter dem Aktenzeichen 26 W (pat) 23/23 die Einschätzung des DPMA und wies die Beschwerde als unbegründet zurück.

Wegen der weit unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der erhöhten Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise reichen die Unterschiede der Vergleichsmarken auch im Bereich identischer Waren und Dienstleistungen noch aus, um die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen auszuschließen.

Quelle: Bundespatentgericht

BPatG und DPMA beurteilen Bildmarke unterschiedlich

Fehlt der nachfolgenden Bildmarke die Unterscheidungskraft? Oder ist sie sogar freihaltebedürtig?

Quelle: Bundespatentgericht

Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte die Bildmarke zurückgewiesen. Der 26. Senat des Bundespatentgericht wollte sich der vollumfänglichen Zurückweisung nicht anschließen und gab der Beschwerde unter dem Aktenzeichen 26 W (pat) 525/22 nach Einschränkung des Warenverzeichnisses statt.

Geographische Herkunftsangabe – auf die Waren kommt es an

Ist der Name der italienischen Insel “LIPARI” als Marke im Bereich Speiseöle und Fette eintragungsfähig?

Das DPMA verweigert die Eintragung wegen des absoluten Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr.2 MarkenG.

Differenzierter betrachtet das Bundespatentgericht unter dem Aktenzeichen 30 W (pat) 49/22 den Fall und zwar unter Berücksichtigung unterschiedlicher Pflanzenöle.

Da – wie bereits dargelegt – einem jedenfalls nicht unerheblichen Teil des Verkehrs sowohl die Insel LIPARI wie auch die dort gegebenen Verhältnisse speziell im Hinblick auf die dortigen Lebensverhältnisse zumindest im Grundsatz bekannt sind,
so dass er LIPARI in Zusammenhang mit den Waren „Speiseöle und Fette, nämlich Sonnenblumenöl, Rapsöl und Mischungen davon; Pflanzenfette für Nahrungszwecke aus Sonnenblumen-, Rapskernen“ als Angabe zum Herkunftsort der Waren verstehen wird, bieten sich hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für
die Eignung von LIPARI zur Beschreibung der geographischen Herkunft der vorgenannten Waren.


C. Die angemeldete Marke ist damit hinsichtlich dieser Waren nach § 8 Abs. 2 Nr.2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, so dass die Beschwerde insoweitzurückzuweisen war.

D. Eine abweichende Beurteilung ist hingegen in Bezug auf die Waren „Klasse 29: Speiseöle und Fette, nämlich Palmkernöl; Pflanzenfette für Nahrungszwecke aus Palmkernen“
geboten.

  1. Insoweit fehlen ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme einer Eignung von LIPARI als geografische Herkunftsangabe i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, da Ölpalmen in Europa jedenfalls nicht in nennenswertem Umfang angebaut werden und auch eine Produktion von Palm(kern)öl in Europa gemessen an der weltweiten und vor allem in Asien und Mittel- und Südamerika stattfindenden Produktion allenfalls in einem eher geringen Umfang nachweisbar ist. Namentlich in Italien lässt sich ein Anbau von Ölpalmen und eine damit verbundene Gewinnung
    von Palmöl nicht belegen.